Anämie beim Hund

Die Anämie (Blutarmut) ist zunächst ein klinischer und diagnostischer Befund, der wenig über die Ursachen dieses Zustandes aussagt. Gesucht werden muss in diesem Zusammenhang eine Grundkrankheit. Es kommen sowohl sehr schwerwiegende Erkrankungen, akute und chronische Ursachen wie auch weniger ernste Mangelzustände als ursächlich in Frage. Unter Umständen macht die Anämie eine sehr umfangreiche Diagnostik notwendig. Eine Rassedisposition für die Anämie an sich als Zustand besteht nicht. Jedoch erkranken beispielsweise Old English Sheep Dog, Cocker Spaniel und Pudel häufig an einer bestimmten Form der hämolytischen Anämie, die auf eine Autoimmunerkrankung zurückgeht. Basenji, West Highland Terrier, Cairn Terrier sowie Beagle neigen zum Pyruvatkinasemangel. Pyruvatkinase ist ein für den Zellstoffwechsel essentielles Enzym. Fehlt es, werden die roten Blutkörperchen schneller abgebaut, was ebenfalls in eine Anämie einmündet.

Was ist eine Anämie beim Hund?

Der klinische Zustand der Blutarmut ist durch einen Erythrozyten-Mangel, respektive durch eine geringe Konzentration von Hämoglobin gekennzeichnet. Erythrozyten sind die roten Blutkörperchen. Ihre Hauptaufgabe ist der Sauerstofftransport im gesamten tierischen Organismus. Sie werden im Rückenmark gebildet. Hämoglobin ist der eisenhaltige Farbstoff, der den Erythrozyten ihre rote Färbung gibt. Mangelzustände in diesen Bereichen führen zu einem Sauerstoffmangel im Körper des Tieres. Daraus können sich längerfristig Organschäden ergeben. Außerdem kann der Sauerstoffmangel für das Tier lebensbedrohliche Zustände erreichen. Beim gesunden Hund sind die Neubildung und der "Verbrauch" an roten Blutkörperchen im Gleichgewicht. Der Anteil der Erythrozyten am Gesamtblut wird als Hämatokrit bezeichnet. Normale Hämatokrit-Werte beim Hund bewegen sich zwischen 44-57%. Die normale Lebensdauer der Erythrozyten beträgt bei Hunden etwa 100 Tage.

Die Arten der Anämie

Man unterscheidet regenerative und nicht-regenerative Anämien. Beide Krankheitsbilder unterscheiden sich im Hinblick auf die erkennbare Ursache der Blutarmut.

Regenerative Anämie: Hier kommt es im Hundekörper zu einem akuten Blutverlust oder die Erythrozyten haben eine verkürzte Lebensdauer (Hämolyse). Weiterhin existiert als Unterform die aplastische Anämie, bei der nicht genug rote Blutkörperchen aus dem Rückenmark nachkommen.

Nicht-regenerative Anämie: Die Ursache der Blutarmut ist nicht offensichtlich und bedarf der gründlichen Abklärung.

Typische Symptome einer Anämie

Es werden die oben genannten klinischen Befunde festgestellt.
Betrachtet man die Funktion der roten Blutkörperchen, werden darüber hinaus Begleitsymptome eines Mangels in diesem Bereich schnell verständlich. Betroffene Hunde leiden an Müdigkeit, Schwäche und /oder Appetitlosigkeit. Die Hunde schlafen mehr als gewöhnlich. Häufig wirken die Schleimhäute blass und die Atemfrequenz kann erhöht sein, weil sich der Sauerstoffmangel manifestiert. Bei einigen Formen der Krankheit tritt Blut Urin auf (Pigmenturie). Fieber ist möglich. Geschwollene Lymphknoten, eine vergrößerte Milz und eine vergrößerte Leber können festgestellt werden. Auch Muskelschwellungen kommen in Betracht. Problematisch ist die Symptombildung, weil die Grundkrankheit ihrerseits Symptome aufweist.

Ursachen einer Anämie

Hier muss nach der Form der Anämie unterschieden werden.

Regenerative Anämien: Hier kommt als Ursache vor allem akuter Blutverlust in Frage, Dabei ist auch immer an innere Blutungen nach Traumen zu denken. Desweiteren kommen eine verkürzte Lebensdauer oder ein fehlender Nachschub der Erythrozyten in Frage (hämolytische Formen der Anämie). Ursächlich können sein:

  1. Infektionen (Zum Beispiel mit Piroplasmose- Hundemalaria-Erregern),
  2. Mechanische Störungen im Blutfluss durch Parasiten,
  3. Medikamente (zum Beispiel das Immunsuppressivum Azathioprin) oder Vergiftungen,
  4. Tumore und Autoimmunerkrankungen.

Nicht-regenerative Anämie: Vielfältige Ursachen sind möglich. Hier muss das Blutbild Aussagen zu einer Beteiligung des Knochenmarks machen. Ist das Knochenmark beteiligt, kommen vor allem onkologische Befunde in Betracht (Krebserkrankungen). Ist das Knochenmark nicht beteiligt, sollte man an

  1. Schwächungen und Erkrankungen innerer Organe wie Leber-, Pankreas- und Niereninsuffizienz,
  2. Stoffwechselstörungen wie Diabetes,
  3. Mangelversorgung wie Eisenmangel,
  4. Chronifizierte Entzündungen

denken.

Diagnostik

Aufgrund der vielen möglichen Ursachen für eine Blutarmut ist die Diagnostik sehr bedeutsam. Bereits bei Verdacht auf eine Anämie muss der Tierarzt hinzugezogen werden. Ein umfassendes Blutbild gibt erste Hinweise darauf, dass überhaupt eine Anämie gegeben ist und möglicherweise auch auf deren Ursachen. Unregelmäßigkeiten bei Leukozyten (weiße Blutkörperchen) und Thrombozyten (Blutplättchen) deuten auf eine Beteiligung des Knochenmarks hin. Der Anteil am Gesamteiweiß und die Serumfarbe geben Hinweise darauf, ob man es mit Blutungen zu tun hat oder mit einer hämolytischen Anämie. Die Größe der roten Blutkörperchen variieren ebenfalls nach der Ursache der Blutarmut. Sind sie bei chronischen Infektionen oft verkleinert, findet man bei Lebererkrankungen zum Beispiel of vergrößerte vor. CT und MRT können versteckte Blutungen, Organschäden und ähnliche Ursachen für die Blutarmut genauer aufzeigen. Eine vergrößerte Milz deutet regelmäßig auf eine hämolytische Anämie aufgrund einer Autoimmunerkrankung hin. Der Nachweis bestimmter Parasiten und Toxine im Labor kann ebenfalls die Ursache finden helfen. Der beteiligte Tierarzt braucht eine gewisse Erfahrung und Strategie, um bei der Ursachenforschung zeitnah fündig zu werden. Diagnostische Maßnahmen können erhebliche Kosten verursachen. Es kommt vor, dass Fieber beim Hund zu einer vorübergehenden Anämie führt, was Untersuchungsergebnisse verfälschen kann.

Behandlung der Anämie

Die Behandlung richtet sich nach der Grunderkrankung. Regelmäßig ist die Anämie ein Zustand, der immer in die Hände eines Tierarztes gehört und sich der alternativen Behandlung entzieht. Das gilt im Übrigen auch für die typischen Grunderkrankungen.

Prognose

Die Prognose hängt ebenfalls von der Grunderkrankung und deren Behandlungsmöglichkeiten ab.

Kann man Anämie vorbeugen?

Nein, weil es auf die Grunderkrankung ankommt. Allgemein gilt, dass eine schnelle Diagnostik und zeitnahe Ursachenfeststellung nicht nur die Prognose für das Tier verbessern, sondern auch leichte Formen der Anämie nicht zu schweren werden lässt.
Wer als Tierhalter auf die allgemeinen Symptome wie Müdigkeit und blasse Schleimhäute achtet sowie zeitnah den Tierarzt aufsucht, tut das Beste für sein Tier.

Wenn Anämie unbehandelt bleibt, was passiert dann?

Das kommt auch auf die Grunderkrankung an. Allerdings droht dem Hund in jedem Fall weiterer Leistungsabfall und oft auch frühzeitiger Tod.

Quellen:
Schrey, Christian Ferdinand, Leitsymptome und Leitbefunde bei Hund und Katze: Differenzialdiagnostischer Leitfaden MemoVet, Schattauer Verlag 2014, insbesondere S. 311

Nolte, Ingo, Praxisleitfaden Hund und Katze: Ins Deutsche übertragen von Elinor Switzer und Christiane Fetzer, Ausgabe 3, Verlag Schlütersche 2014. s.481

Day, Michael J., Atlas der klinischen Immunologie bei Hund und Katze,
Verlag Schlütersche 2005, S. 78

Mischke, Reinhard, Praktische Hämatologie bei Hund und Katze,
Verlag Schlütersche 2003, S. 58.

Weitere Quellen

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Autor: Thomas

Etwa 8 Mio. Hunde leben in deutschen Haushalten - gesorgt wird sich um die Vierbeiner wie um das eigene Kind. Mit dieser Seite möchte ich euch gern leicht verständliche Informationen rund um die Hundegesundheit zur Verfügung stellen. Zur Seite steht mir eine Tierheilpraktikerin, die das ganze fachlich abrundet.