Grundlagen der Hundeerziehung

Der Hund ist seit Jahrtausenden der treueste Gefährte des Menschen und bereichert das Leben seines Besitzers erheblich - vorausgesetzt, er ist gut erzogen. Schlechte Angewohnheiten wie ständiges Bellen, Anspringen von Menschen oder unsoziales Verhalten gegenüber anderen Hunden machen den Umgang mit ihm für den Hundehalter, seine Mitmenschen und Artgenossen zu einer echten Herausforderung.
Zwar erfordert die Erziehung des Hundes ein gewisses Maß an Zeit, Geduld und guten Nerven, diese Investition macht sich langfristig aber bezahlt: Haben sich Unarten erst einmal eingeschlichen, wird es schwierig, sie dem Hund wieder abzugewöhnen - oftmals ist die "Umprogrammierung" nur mit professioneller Hilfe möglich. Vorausschauende Hundehalter legen daher auf eine gute Grunderziehung vom ersten Tag an großen Wert.

Hund ist nicht gleich Hund

Rasse- und charakterabhängig lassen sich Hunde mehr oder weniger leicht erziehen. Vertreter typischer Gesellschafts- und Begleithunderassen wie Pudel oder Malteser schließen sich eng an den Menschen an und tun alles, um ihrem Besitzer zu gefallen. Jagdhunde und Hütehunde brauchen eine Aufgabe und sind nur dann zu bändigen, wenn sie gut ausgelastet sind. Intelligenz und Mut, aber auch eine Tendenz zur Sturheit zeichnet die zum eigenständigen Jagen gezüchteten Terrier aus. Herdenschutzhunde besitzen einen starken Schutztrieb und sind sehr selbstständig: Wer sich für Hunde dieser Rassen interessiert, sollte deshalb Hundeerfahrung, Souveränität und Selbstsicherheit mitbringen.
Rassemerkmale geben einen Anhaltspunkt, jeder Hund hat aber seinen eigenen Charakter und wird durch Umfeld und Erfahrungen geprägt. Erziehung führt nur dann zum Erfolg, wenn sie individuell auf die Stärken und Schwächen des Hundes eingeht!

Erziehung von Anfang an

Bereits in der Prägungsphase von der vierten bis zur achten Lebenswoche übernehmen die kleinen Welpen von der Mutter und anderen erwachsenen Hunden viele Verhaltensweisen. In der anschließenden Sozialisierungsphase bis zur zwölften Lebenswoche werden die meisten Jungtiere von der Mutter getrennt und in ihr neues "Menschenrudel" eingeführt. Verständliche Regeln und deren konsequente Einhaltung erleichtern dem Welpen die Eingewöhnung in sein neues Zuhause. Überzogene Strenge ist dabei fehl am Platz, positive Erlebnisse und eine vertrauenerweckende Umgebung bilden den Grundstein für eine harmonische Mensch-Tier-Beziehung.

Muss jeder Hund in die Hundeschule?

Der Besuch einer Hundeschule ist kein Muss, gerade Hundeanfänger können aus ihrem Besuch aber großen Nutzen ziehen: Der Hundebesitzer erhält vom geschulten Hundetrainer einen Einblick in die natürlichen Verhaltensweisen des Hundes, falsches und inkonsequentes Verhalten des Hundeführers wird während des Trainings sofort bemerkt und verbessert. Auch für Hunde, die wenig Kontakt zu Artgenossen haben, bringt die Hundeschule willkommene Abwechslung und die Möglichkeit, ihr Sozialverhalten zu trainieren.
Nicht jeder Hundebesitzer hat allerdings die Zeit, mehrere Stunden pro Woche auf dem Hundeplatz zu verbringen: Als Alternative bieten mobile Hundetrainer Einzelstunden in der gewohnten Umgebung des Hundes an. Diese sind individuell auf Hund und Besitzer abgestimmt, aber auch deutlich teurer:

Ein Hundekurs in der Gruppe kostet je nach Hundeschule etwa 80,-- bis 150,-- EUR, für Privatstunden müssen im Durchschnitt circa 50,-- EUR pro Stunde aufgewendet werden.

Mit dem notwendigen Basiswissen, viel Geduld, Konsequenz und Durchsetzungsvermögen gelingt dem motivierten Hundebesitzer die Erziehung des Hundes meist auch ohne den Besuch der Hundeschule. Bei manchen eigensinnigen Vierbeinern stößt der gute Wille aber schnell an seine Grenzen: Kommen Hund und Besitzer auch durch konsequentes Üben auf keinen gemeinsamen Nenner, sollte man professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, bevor sich das Fehlverhalten beim Hund verfestigt.

Methoden moderner Hundeerziehung

Moderne Hundeerziehung beruht in erster Linie darauf, richtige Verhaltensweisen zu belohnen (positive Bestärkung). Der Erfolg hängt hierbei stark vom richtigen Timing ab: Nur wenn die Belohnung unmittelbar auf das Ausführen der erwünschten Verhaltensweise folgt, stellt der Hund einen Zusammenhang her. Das gilt ebenso für das scharfe "Nein" oder "Pfui", wenn der Hund im Begriff ist, etwas Unerwünschtes zu tun. Konsequent und zum richtigen Zeitpunkt eingesetzt, sind auch Ignorieren und der Abbruch eines Spiels oder Spaziergangs effiziente Erziehungsmittel.

Was muss ein Hund lernen?

Wie weit ein Hund erzogen werden muss, liegt im Ermessen des Besitzers. Vielen Hundehaltern reicht es, wenn der Hund stubenrein ist und die Grundkommandos sicher beherrscht, andere streben die Begleithundeprüfung oder gar eine weiterführende Ausbildung an. Eine solide Grunderziehung schafft in jedem Fall eine gute Basis für eine harmonische Beziehung zwischen dem Hund, seinem Besitzer und ihrem Umfeld.

1) Das Wichtigste zuerst: Stubenreinheit

Stubenreinheit beim HundKommt ein Welpe ins Haus, hat die Erziehung zur Stubenreinheit oberste Priorität. Hunde sind reinliche Tiere, die ihren Schlafplatz niemals verunreinigen. Der kleine Welpe muss nun lernen, diese Grundhaltung auf die ganze Wohnung zu übertragen: Die Aufgabe des Besitzers ist es dabei, das Jungtier gut zu beobachten und rechtzeitig an einen geeigneten Platz zu bringen, bevor ein Malheur passiert. Durch positive Bestätigung lernt der Welpe schnell, wo er sich erleichtern darf.

=> Informationen und Maßnahmen zum Thema Stubenreinheit

2) Vermeiden von Trennungsangst

Trennungsangst beim HundAuch das Alleine-Bleiben wird von Anfang an trainiert: Wenn Herrchen und Frauchen die Wohnung immer wieder für kurze Zeit verlassen, nach einiger Zeit aber verlässlich wiederkommen, bereitet dem Hund das Alleinsein später keine Probleme.

=> Mehr zu den Ursachen und Maßnahmen

3) So bleibt die Wohnung heil

Zerstörungswut HundKleine Hunde nagen gerne und ausgiebig. Damit Wohnungseinrichtung und Bekleidung nicht darunter leiden, braucht der Welpe ausreichend Spielzeug zur Beschäftigung. Dieses darf aber keine Ähnlichkeit mit Gebrauchsgegenständen haben, die in der Wohnung zu finden sind: Für einen Hund ist es schwer nachzuvollziehen, dass er den ausrangierten Pantoffel des Herrchens anknabbern darf, Frauchens neue Pumps aber nicht.

=> Hintergründe und Maßnahmen, wie der Hund die Zerstörungswut kontrolliert

 

4) Beißhemmung ist nicht angeboren!

beißender HundDie Beißhemmung wird vom Welpen im Spiel mit anderen Hunden oder dem Menschen erlernt. Normalerweise wird der Junghund von der Mutter und anderen Rudelmitgliedern zurechtgewiesen, wenn er seine spitzen Zähnchen zu stark einsetzt; bei Einzelhunden übernimmt der Mensch die Rolle der Artgenossen.

=> Lesen Sie hier, wie Welpen die Beißhemmung antrainiert wird

5) Leinenführigkeit: So wird der Hund zum angenehmen Begleiter

Hund an LeineDamit ein junger Hund seine Umgebung auch außerhalb des Hauses erkunden kann, muss er sich an die Leine gewöhnen. Dabei lernt der Welpe von Anfang an, dass nicht er, sondern der Mensch Tempo und Richtung bestimmt. Auch darf er die Leine nicht mit einem Zerrspielzeug verwechseln: Unterbindet der Besitzer das Ziehen und Zerren nicht von Beginn an konsequent, ist es dem Hund später schwer abzugewöhnen. Was aber bei einem Welpen noch verspielt und putzig wirkt, kann bei einem ausgewachsenen Hund große Probleme bereiten.

=> Mit diesen Tipps bringen Sie dem Hund bei, wie er ein angenehmer Begleiter wird

6) Der Grundwortschatz: Erste Kommandos

Kommando SitzEinfache Kommandos wie "Sitz", "Platz", "Komm" oder "Aus" kann bereits der Welpe leicht erlernen. Wichtig dabei ist, dass alle Bezugspersonen des Hundes dieselben Kommandos für die erwünschte Verhaltensweise verwenden. Die prompte positive Bestärkung durch Lob oder Leckerchen nach einem richtig ausgeführten Befehl führt meist schon nach kurzer Zeit zum ersten Lernerfolg.

=> So bringen Sie Ihrem Welpen die ersten 5 Grundkommandos spielerisch bei

=> Grundkommandos sind kein Problem? Hier geht es weiter mit Kommandos für Fortgeschrittene

7) Kontrolliertes Bellen

Zu den ersten Erziehungsschritten gehört es auch, das Bellen des Hundes in kontrollierte Bahnen zu lenken. Hunde bellen aus vielerlei Gründen und kommunizieren so mit Artgenossen und dem Menschen. Oft ist das "Laut geben" erwünscht, ausdauerndes und scheinbar grundloses Bellen kann sowohl die Mensch-Tier-Beziehung als auch das Verhältnis zu den Mitmenschen erheblich belasten. Deshalb sollten bereits Welpen lernen, in welchen Situationen Bellen angebracht ist und wann es erfolgversprechender ist, sich ruhig zu verhalten.

=> Lernen Sie hier, in welche Situationen ein Hund bellen darf und in welchen nicht

Die Bedeutung der Rangordnung

Hunde sind Rudeltiere und brauchen eine stabile Rangordnung, um unbeschwert leben zu können. Welchen Rang der Hund im Rudel anstrebt, hängt stark von seinem Charakter ab: Ein selbstbewusstes Tier wird bei passender Gelegenheit versuchen, die Rolle des Rudelführers einzunehmen, ein unterwürfiges begnügt sich problemlos mit einem niederen Rang. Körperliche Stärke ist für die höchste Position im Rudel von untergeordneter Bedeutung: Das Leittier zeichnen vor allem Erfahrung, Intelligenz und Souveränität aus. Ist in einem "Menschenrudel" die Rangordnung für den Hund nicht klar ersichtlich, verunsichert ihn dies - viele Erziehungsprobleme nehmen hier ihren Anfang.

Den Hund nicht vermenschlichen

Menschen streben nach Gleichberechtigung, Hunde brauchen einen starken Rudelführer, dessen Autorität sie nicht anzweifeln. Menschen diskutieren und versuchen, Kompromisse zu finden - Hunde verlangen klare Ansagen und sind zufrieden, wenn ihr Besitzer ihnen alle Entscheidungen abnimmt. Leben mehrere Hunde in einem Haushalt, neigen Hundehalter aus Mitleid dazu, den Rangniederen bevorzugt zu behandeln, was die Hierarchie immer wieder erschüttert: Eine stabile Rangordnung kann sich dadurch kaum einstellen.

Der Mensch als Leittier

In aller Regel gehen Aktionen in einem Hunderudel vom Rudelführer aus, die rangniederen Tiere reagieren darauf. So geschieht das Ablecken eines ranghohen Tieres nur nach dessen Aufforderung: Die Berührung durch das Leittier haben untergeordnete Hunde aber jederzeit zu tolerieren.
Für den menschlichen Rudelführer ergibt sich daraus die Grundregel "Mensch agiert, Hund reagiert". Fordert der Hund Aufmerksamkeit, Spiel oder Streicheleinheiten ein, sollte der Besitzer dies konsequent ignorieren und erst damit beginnen, wenn der Hund sich zurückgezogen hat. Andererseits müssen für den Vierbeiner unangenehme Tätigkeiten wie Ohren- und Maulkontrolle von ihm ohne Gegenwehr hingenommen werden.

Was erwartet der Hund von seinem Rudelführer?

Eine unklare Hierarchie zwingt den Hund, anstelle seines vermeintlich "untauglichen" Besitzers die Rolle des Anführers zu übernehmen. Viele Hunde sind damit überfordert, was sich durch Problemverhalten wie ständiges Bellen und Kontrollzwang bemerkbar machen kann. Ein starkes Leittier führt sein Rudel stets sicher und souverän: Auch im menschlichen Rudel erwartet der Hund von seinem Rudelführer selbstbewusstes Auftreten, klare Anweisungen und Schutz in Gefahrensituationen.

Wenn der Hund die Führungsrolle anstrebt

Bei vielen Hunden genügt schon die vertrauensvolle Bindung an den Menschen, um ihn als Rudelführer zu akzeptieren. Stellt ein sehr selbstbewusster Hund die Rangordnung in Frage, helfen einige grundlegende Regeln, diese zu festigen.

1) Der Ranghöhere darf zuerst ans Futter
In einem Hunderudel sichert sich das Leittier die besten Stücke der Beute. Ein zur Dominanz neigender Hund sollte deshalb erst sein Futter bekommen, nachdem seine Menschen ihre Mahlzeit beendet haben.

2) Der Ranghöhere hat Anspruch auf die besten Ruheplätze
In menschlichen Behausungen sind insbesondere erhöhte Liegeplätze auf dem Sofa oder im Bett bei Hunden sehr begehrt. Diese sind dem Menschen vorbehalten oder dürfen nur nach dessen ausdrücklicher Aufforderung vom Hund belegt werden.

3) Der Ranghöhere zeigt den Weg
Das Leittier geht seinem Rudel voran und bestimmt dabei Laufrichtung, Tempo und Ruhepausen. Vordrängeln, Ziehen an der Leine und abrupte Richtungswechsel durch den Hund sind beim Spaziergang tabu.

4) Der Ranghöhere beginnt und beendet ein Spiel
Ranghohe Hunde gehen nur selten auf die Spielaufforderung eines rangniederen Tieres ein. Während eines Spiels wechseln die Rollen, dennoch geht der Ranghöhere am Ende als Sieger hervor: Insbesondere bei Zerrspielen sollte daher immer der Besitzer die Oberhand behalten.

Kommunikation mit dem Hund

Hunde kommunizieren untereinander durch Lautäußerungen, Körpersprache und Duftsignale. Im Kontakt mit dem Menschen achten Hunde sehr genau auf dessen Körperhaltung, Stimmlage, Gestik und Mimik - auch den sprichwörtlichen "Angstschweiß" unsicherer Menschen nehmen sie zur Kenntnis. Lob und Motivation kommen beim Hund am besten in einem hohen, melodischen Tonfall an, unerwünschtes Verhalten sollte dagegen mit tiefer Stimme getadelt werden. Hunde haben ein sehr feines Gehör: Schreien ist unnötig und wird vom Hund oftmals als Zeichen der Unsicherheit gedeutet. Eine aufrechte Körperhaltung signalisiert Überlegenheit, eindeutige Gesten zur Betonung der Kommandos erleichtern dem Hund die Verständigung mit seinem Besitzer.

Körpersprache des Hundes

Ob ein Hund dominieren möchte oder zur Unterordnung bereit ist, zeigt sich in der Betonung der Körpergröße: Ein selbstbewusster Vierbeiner stolziert aufrecht mit aufgestellten Ohren und erhobener Rute, ein unterwürfiger Hund versucht sich möglichst klein zu machen, legt die Ohren an und zieht den Schwanz ein. Direkten Blickkontakt stellt nur der dominante Hund her, rangniedere Tiere versuchen ihn zu vermeiden. Schwanzwedeln ist ein Zeichen von Erregung und kann Freude, aber auch Angst oder Aggressivität ausdrücken. Mit dem Absenken des Oberkörpers, oft in Verbindung mit Schwanzwedeln und Bellen, fordern Hunde zum Spiel auf - Merkmale eines ausgelassenen Spiels sind die übertriebenen Bewegungen, häufige Rollenwechsel und das typische "Spielgesicht".
Eine Drohung drückt der Hund gegenüber Menschen und Artgenossen mit starrer Körperhaltung, Zurückziehen der Lefzen (Lippe beim Menschen) und Knurren aus. Wird diese Warnung nicht beachtet, kann ein schmerzhafter Biss folgen.


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Autorin Regine Schineis

"Ein Leben ohne Tiere ist möglich, aber sinnlos." So lautet das Lebensmotto der Tierpsychologin und Autorin Regine Schineis, die gemeinsam mit Mann und Tieren in der Steiermark zu Hause ist.